Lange Dauer gerichtlicher Verfahren ist oft hausgemacht

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Wenn man gerichtliche Verfahren begleitet, wundert man sich oftmals, wie lange diese Verfahren dauern. Dass das Verfahren ins Stocken gerät, liegt nicht immer daran, dass der Sachverhalt besonders kompliziert ist, sich bestimmte, aber entscheidende Unterlagen nicht beschaffen lassen oder ein Beteiligter erkrankt ist. Manchmal sind sowohl Kläger als auch Beklagte ratlos, warum sich in einer Sache überhaupt keine Bewegung mehr einstellt.

So hatten wir im Dezember 2013 beim Landgericht Berlin (Aktenzeichen 13 O 434/13) eine Klage in einer arzthaftungsrechtlichen Sache eingereicht. Nach umfassender Beweisaufnahme, dem Einholen von Sachverständigengutachten und ausführlicher Diskussion zeichnete sich sehr klar ab, dass auf Seite des behandelnden Klinikums Fehler unterlaufen waren, die zu einem nicht unbeträchtlichen Schaden bei dem Patienten geführt hatten. Im April 2016 fragte das Gericht bei den Parteien an, ob das Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten solle. Umgehend stimmten beide Parteien zu.
Im August 2016, also vier Monate nach der unverzüglich beantworteten Anfrage des Gerichts, fragten wir erstmalig nach, wann denn der Vergleichsvorschlag unterbreitet würde. Auf diese Anfrage erfolgte seitens des Landgerichts Berlin keine Reaktion. Im Oktober 2016 fragten wir ein zweites Mal nach. Daraufhin wurde im Dezember 2016 mitgeteilt, dass man bemüht sei, „im ersten Quartal des Jahres 2017 das Verfahren zu fördern“.
Im Mai 2017 schließlich, also etwa zwei Monate nach Ende des ersten Quartals 2017, fragten wir von Klägerseite ein drittes Mal nach, ob mit dem Vergleichsvorschlag noch gerechnet werden könne. Kürzlich, im Sommer 2017, teilte das Landgericht Berlin dann mit, man sei „weiterhin bemüht“, einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Dies sei allerdings leider noch nicht möglich gewesen. Hinzu käme, dass „die zuständige Dezernentin über mehrere Wochen unter einer Handverletzung gelitten hat“.
Das Verfahren, das also im Grunde zügig abgeschlossen werden könnte und im Rahmen dessen der Patient eine für seinen Lebensunterhalt auch dringend erforderliche Schadenersatzzahlung schon hätte erhalten können, stockt seit 15 Monaten. Obwohl der Haftungsgrund soweit geklärt ist, sieht das Gericht sich nicht in der Lage, einen wie auch immer gearteten Vergleichsvorschlag zu machen.
Wenn sich ein Gericht nicht im Stande sieht, einen Prozess mit einem potenziellen Vergleich zu beenden, muss es das Verfahren eben konsequent zu Ende führen und die Sache durch ein Urteil entscheiden. Damit gäbe es den Parteien wenigstens die Möglichkeit, darüber zu befinden, ob sie das gefällte Urteil akzeptieren oder es in einer weiteren Instanz überprüfen lassen.

Ein Beitrag von:

Axel Näther
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftung

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