Hüftgelenksdysplasie

Angeborene Hüftgelenksdysplasie: Zu spätes Screening gefährdet Behandlungserfolg

Hüftgelenksdysplasie

Die Hüftgelenksdysplasie ist die bei weitem häufigste orthopädische Erkrankung bei Neugeborenen. Früh erkannt, ist sie jedoch gut behandelbar. Je früher die Diagnose gestellt wird und die Behandlung ansetzt, desto besser. Die ersten 4 Wochen sind hier der „goldene Zeitraum“. Eine solchermaßen rasch erreichte femuroacetabulare Konzentrizitat sichert zumeist ein harmonisches Wachstum und eine normale Anatomie. Eine nicht oder nicht rechtzeitige behandelte Hüftgelenksdysplasie indes hat für die Betroffenen oft lebenslange Folgen.
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Landgericht Paderborn spricht Eltern 16 € Stundenlohn für die Pflege ihres Kindes zu

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Die Durchsetzung von Ansprüchen bei Geburtsschäden ist mit vielerlei Problemen behaftet. Neben der Höhe des Schmerzensgeldes ist die Angemessenheit der vermehrten Bedürfnisse ein häufiger Streitpunkt, über den die Gerichte zu entscheiden haben. Zu den vermehrten Bedürfnissen zählen alle unfallbedingten Mehraufwendungen, die „den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen“ (BGH VersR 2004, 482). Die Aufwendungen müssen also regelmäßig und dauernd erforderlich sein, dürfen nicht der Wiederherstellung der Gesundheit dienen und zu den allgemeinen Lebenserhaltungskosten zählen.

Im Bereich der Geburtsschäden ist insbesondere der Ersatz von Betreuungs- und Pflegekosten von erheblicher Bedeutung. Wird eine professionelle Pflegekraft eingestellt, sind diese tatsächlich aufgewendeten Kosten brutto zu erstatten. Bei einer Unterbringung im Pflegeheim werden auch diese konkret angefallenen Kosten übernommen.

Erfolgt die Pflege des behinderten Kindes jedoch in der Familie, soll dies den Schädiger nicht entlasten. Der Betrag, der bei Einsatz von Familienmitgliedern durch den Schädiger zu zahlen ist, ist aber gerade im Hinblick auf den hierfür zugrunde zu legenden Stundensatz äußerst streitig. Bereits 1973 hat der BGH klargestellt, dass die zusätzliche Mühewaltung der Familienangehörigen angemessen auszugleichen ist (BGH VersR 1973, 1067). Die Tätigkeit der Angehörigen ist „marktgerecht“ zu bewerten (BGH VersR 1986, 173). Hier stellt sich bereits die Frage, was eine „marktgerechte“ Vergütung ist.

In neuerer Zeit tendiert der BGH dazu, auf den Nettolohn einer vergleichbaren, entgeltlich eingesetzten Hilfskraft abzustellen (BGH VersR 1999, 253). Eine Orientierung an den Vergütungssätzen der einschlägigen Tarifbestimmungen ist hilfreich. Dies setzt ein ausführliches Vorbringen der einzelnen Tätigkeiten bei der Anspruchsanmeldung voraus. Denn die Rechtsprechung ist bei der Bemessung der Höhe des zugrunde zu legenden Stundensatzes weiterhin äußerst zurückhaltend. Häufig wird nur ein Stundensatz zwischen 7,50 € und 10,00 € als angemessen angesehen. So hat das OLG Hamm 1995 den Stundensatz mit 7,50 € bestimmt (NZV 1995, 318). Das LG Hamburg hat der pflegenden Mutter für beobachtende Pflege 10,00 € und für die Grundpflege 13,00 € zuerkannt (NJW-Spezial 2012, 11). Das OLG Karlsruhe (VersR 2006, 515) erachtet einen Stundenlohn von 7,20 € als ausreichend. Das OLG Köln hat mit Urteil vom 27.10.2012 differenziert für die einzelnen Jahre und einen Stundenlohn von 7,80 € im Jahr 1999 bis 11,22 € für das Jahr 2009 errechnet.

Umso erfreulicher ist es, dass in einem durch unsere Kanzlei geführten Verfahren nunmehr ein Stundensatz von 16,00 € erstritten werden konnte. Das Landgericht Paderborn hat mit rechtskräftigem Urteil vom 16.03.2015 bestätigt, dass für eine Entschädigung des zeitlichen Mehraufwandes ein Mittelwert der Vergütungen für Pflegeleistungen einerseits und für hauswirtschaftliche Tätigkeiten andererseits gut geeignet ist, um den dem Kläger entstehenden Mehrbedarf abzubilden. Der Kläger erlitt infolge geburtshilflicher Behandlungsfehler eine irreparable Cerebralparese mit massiven Beeinträchtigungen.

Neben dem Schmerzensgeld und immateriellen Vorbehalt wurde daher für diesen vor dem Landgericht Paderborn auch der in der Vergangenheit entstandene Pflege- und Betreuungsaufwand konkret eingeklagt und detailliert dargelegt. Die maßgebliche Betreuung und Pflege erfolgte dabei von der Mutter des Klägers. Das Landgericht Paderborn hat in seinem Urteil erläutert, dass die von ihr erbrachten Tätigkeiten teils der Behandlungspflege zuzuordnen sind und teils der hauswirtschaftlichen Versorgung dienten. Für die Behandlungspflege war ein Stundenlohn von 24,00 € in Ansatz gebracht worden, für die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten von 9,00 €. Zur Berechnung des Mehrbedarfs ist ein Mittelwert von 16,00 €/Std. zugrunde gelegt worden.

Das Landgerichts Paderborn hat in seinen Urteilsgründen ausdrücklich klargestellt, dass für die Entschädigung des zeitlichen Mehraufwandes ein Mittelwert zu bilden ist. Das Landgericht hält die Stundensätze von 24,00 € (für Behandlungspflege) bzw. 9,00 € (für hauswirtschaftliche Versorgung) und den daraus gebildeten Mittelwert für maßvoll. Es ist somit endlich gelungen, ein Urteil zu erstreiten, in dem die Pflegeleistungen der Eltern zumindest mit 16,00 €/Std. zu vergüten sind. Denn die Zuerkennung von nur 7,50 € bis 10,00 € geben die Realität in keiner Weise wieder. Man kann daher nur hoffen, dass sich auch zukünftig weitere Gerichte dieser Erkenntnis anschließen und die seitens der Eltern erbrachten Pflegeleistungen besser honorieren.

Petra Marschweski
Fachanwältin für Medizinrecht
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

 

Co-Autor

Schulterdystokie und Plexusparese: Dr. Roland Uphoff als Co-Autor der Neuerscheinung im Springer Medizin Verlag

Co-Autor
Unter dem Titel „Schulterdystokie und Plexusparese“ (Hrsg. Thomas Schwenzer, Jörg Bahm) befasst sich eine aktuelle Neuerscheinung im renommierten Springer Medizin Verlag mit eben diesen geburtshilflichen Komplikationen. Beleuchtet werden im Buch nicht nur medizinische Fragen, sondern es bietet insbesondere auch Hilfestellung für die mediko-legale Aufarbeitung.

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Sonderhaftungsrecht

Kein Sonderhaftungsrecht für freiberufliche Hebammen

Sonderhaftungsrecht

Zum zweiten Mal bereits war ich am 1. und 2. Juli 2016 beim Seminar „Leitung und Verantwortung in Pränatal- und Geburtsmedizin“, einer Veranstaltung für Chefärztinnen und Chefärzte sowie Leitende Oberärztinnen und Oberärzte, als Redner geladen.

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Hebamme

Verurteilung von Hebamme rechtskräftig

Hebamme

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung die Verurteilung einer außerklinisch tätigen Hausgeburtshebamme bestätigt. Damit ist das Urteil des Landgerichts Dortmund, welches dieser Verurteilung vorangegangen war, rechtskräftigt. Unter www.lto.de wird nochmals ausführlich über diesen langjährigen Strafprozess berichtet.

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Kunstfehler

Bundestagung des Arbeitskreises Kunstfehler in der Geburtshilfe: Die Stoppuhr hat bei der Pflegebegutachtung ausgedient

kinderkrankenpflege

Am 07. und 08. Mai diesen Jahres fand die Bundestagung des Arbeitskreises Kunstfehler in der Geburtshilfe (AKG) im Haus Venusberg in Bonn statt. Im Mittelpunkt des Programms stand das neue Pflegestärkungsgesetz II (PSG II). Als führende Kanzlei für Geburtsschadensrecht haben wir die Tagungsteilnehmer hier zu aktuellen rechtlichen Fragen informiert.

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CIRS-Netz

Krankenhaus-CIRS-Netz: Aus Fehlern lernen

CIRS-Netz
In einem Beitrag für die Zeitschrift kinderkrankenschwester beleuchtet Dr. Roland Uphoff wie das Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland dazu beiträgt, Schadensfälle und die anschließende haftungsrechtliche Auseinandersetzung zu verhindern.
Beim KH-CIRS-Netz handelt es sich um ein Onlineportal, in dem Angehörige medizinischer Fachgruppen anonym über „Beinahe-Schadensfälle“ berichten können. Denn immer wieder passieren im klinischen Alltag Fehler in der Patientenversorgung, in deren Folge ein Schaden soeben noch abgewendet werden kann. Das Portal stellt solche Ereignisse vor – mit dem Ziel, das Bewusstsein für mögliche Fehlerursachen zu schärfen und Behandlungsfehler vorzubeugen. Wie sich dort zeigt sind vor allem Kommunikation, Kompetenz und die Kooperation im Team „unabdingbare Voraussetzung“ für eine gute pflegerische und interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Unterstützt und betrieben wird das KH-CIRS-Netz vom ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Aktionsbündnis Patientensicherheit und den Deutschen Pflegerat.

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Uphoff

Eine klare Empfehlung

Uphoff

Die Experten für Prozessfinanzierung in der ROLAND Versicherungsgruppe haben eine Shortlist empfehlenswerter Anwälte in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengestellt. Mit dabei im Bereich Arzthaftungsrecht: Dr. Roland Uphoff.

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Fatale Folgen: Unreflektierte Übernahme konsiliarischer Befunde

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In der Fachzeitschrift „kinderkrankenschwester“ schildern Jan Tübben und Dr. Roland Uphoff den Fall eines einjährigen Mädchens mit ventrikulo-peritonealem Shunt – ein Fall, der zeigt, dass die Übernahme konsiliarischer Befunde schwerwiegende Folgen haben kann. Als das Mädchen von seinen Eltern mit auffälligen Symptomen im behandelnden Klinikum vorgestellt wird, kommt es zu einer fatalen Fehlerkette: Angefangen bei Verstößen gegen Befunderhebungspflichten, über die Nichtabklärung einer falschen Verdachtsdiagnose bis hin zur ungenügenden Kommunikation zwischen Klinikern und einer zur Diagnostik zugezogenen radiologischen Praxis.
Der vorgestellte Fall zeigt, wie wichtig die zeitnahe Abklärung einer Symptomatik bei einem möglicherweise bedrohlichen Befund ist und dass auch die Verzögerung der Diagnostik, nicht nur deren tatsächliche Unterlassung, einen Befunderhebungsfehler darstellen kann. Auch sollten konsiliarische eingeholte Bildbefunde nicht blind und unreflektiert übernommen werden, wenn die mit der Behandlung betrauten Personen über eigene Fachkunde zur Beurteilung verfügen.

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Geplanter Kaiserschnitt: „Die Entscheidung liegt bei der Mutter“

Kaiserschnitt
Ein geplanter Kaiserschnitt wirft einige Fragen auf. In der jüngsten Ausgabe des renommierten Deutschen Ärzteblattes findet sich eine kontroverse Leser-Diskussion zum Fachartikel „Indikationen, Vorzüge und Risiken einer elektiven Kaiserschnittoperationen“ (Autoren: Prof. Dr. Ioannis Mylonas, Prof. Dr. Klaus Friese). In seinem Leserbrief beleuchtet Dr. Roland Uphoff dort die Rechtslage rund um einen geplanten Kaiserschnitt. Laut Bundesgerichtshof sei der Kaiserschnitt dann eine Alternative zur Spontangeburt, wenn dem Kind bei der vaginalen Entbindung ernstzunehmende Gefahr drohe und zugleich Konstitution und Befindlichkeit der Mutter einen Kaiserschnitt zulassen. Dennoch, so der Experte für Geburtsschadensrecht, müsse die Letztentscheidung der Mutter überlassen werden: „Nach Aufklärung und unter Abwägung der Risiken hat die Mutter das letzte Wort.“
Die Autoren des streitbaren Fachbeitrags bestätigen in Ihrem Schlusswort zur Diskussion diese Ansicht. Ihr Fazit: „Bei einen elektiven bzw. geplanten Kaiserschnitt geht es [für die Ärzte] primär darum, sich die Risiken bzw. die Vor- oder Nachteile zu vergegenwärtigen und mit der Patientin zu besprechen. Letztendlich liegt juristische gesehen das Entscheidungsrecht bei der werdenden Mutter.“

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